Trumps „New Deal“ mit den Demokraten

Plan eines „New Deal“: Nach der Zwischenwahl könnte Trump gemeinsame Sache mit den Demokraten machen, analysiert der USA-Experte Josef Braml für FOCUS Online.

Selbst ein möglicher Verlust der republikanischen Mehrheit des Abgeordnetenhauses bei den Zwischenwahlen am 6. November könnte Trump helfen. Demokraten dürften wesentlich offener für seine Idee eines milliardenschweren Infrastrukturprogramms sein als die Republikaner.

Um sein persönliches Ohnmacht-Szenario zu verhindern, reicht es für Trump, wenn er als Bollwerk die Senatsmehrheit der Republikaner verteidigt. Falls die Sonderermittlungen in der Russland-Causa auch ihn persönlich belasten sollten, könnte eine neue demokratische Mehrheit im Abgeordnetenhaus zwar ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump einläuten. Aber mangels einer Mehrheit in der dafür entscheiden Senatskammer würde das „Impeachement“-Verfahren, wie seinerzeit schon gegen Bill Clinton, abgewendet werden können.

Sollten die Republikaner nur das Abgeordnetenhaus verlieren, hätte Trump zwar auch größere Schwierigkeiten, einige seiner Wahlversprechen umzusetzen, etwa eine „große Grenzmauer zu Mexiko zu bauen“. Hingegen dürfte es für Trump mit einer demokratischen Mehrheit im Abgeordnetenhaus sogar etwas einfacher werden, sein zweites großes wirtschaftspolitisches Ziel nach der Steuerreform zu erreichen: ein kreditfinanziertes Infrastrukturprogramm.

Viele Demokraten sind offen für staatliche Projekte

Wenn es um Ausgaben geht, die den Wählern ihrer Wahlkreise und Einzelstaaten zugutekommen, sind gewerkschaftsnahe Demokraten, sogenannte „Old Liberals“, durchaus bereit, mit dem Präsidenten zu stimmen und sich auch gegen ihre fiskalkonservativen Parteifreunde, die „Blue Dogs“, zu positionieren. Republikaner hingegen wehren sich meist gegen neue Ausgaben mit Verweis auf die hohe Staatsverschuldung (die – nebenbei bemerkt – bei Steuersenkungen nicht als Problem gesehen wird).

Es ist durchaus möglich, dass Trump einen „New Deal“ mit dem selbsternannten Sozialisten und Arbeiterführer Bernie Sanders bewerkstelligt. Die beiden Freihandelskritiker sich darin einig, dass es zu allererst darum geht, amerikanische Arbeiter wieder in Lohn und Brot zu bringen: „America first“ – koste es, was es wolle.

Angesichts der (noch) niedrigen Zinsen sei die Gelegenheit günstig, zum Wohle der „Arbeiterklasse“ das Land neu aufzubauen und neue Wählerkoalitionen zu schmieden, erklärte Trumps früherer Wahlkampfstratege Stephen Bannon gleich nach Trumps Wahlsieg. Er prophezeite seinem Präsidenten ähnlich aufregende Zeiten wie in den 1930er Jahren. Ihm schwebte „wagemutiges, hartnäckiges Experimentieren“ vor, ähnlich dem „New Deal“, als unter Präsident Roosevelts Führung die Karten neu gemischt wurden. Dies sei etwas viel Größeres, als es die „Reagan Revolution“ war: eine Verbindung von Konservativen und Populisten in einer „wirtschaftsnationalen Bewegung“.

Öffentlicher Druck auf Abweichler

Doch für den möglichen Fall, dass sich auch fiskalkonservative, mitunter staatsfeindliche Abgeordnete und Senatoren der republikanischen Partei trotz der Anreize durch Steuererleichterungen nicht bewegen sollten, wartet die politische Peitsche auf sie. Wenn der Präsident im politischen Handel keine Unterstützung erreicht, wird er das „bully pulpit“ bemühen. Präsident Theodore Roosevelt (1901-1909) prägte dieses Sprachbild einer Kanzel, um die Redeplattform zu beschreiben, mit der die Präsidentschaft die öffentliche Meinung beeinflussen kann. Der Präsident kann seine exponierte Stellung als einziger landesweit gewählter Politiker dazu nutzen, um über die alten Massenmedien und die neuen sozialen Medien auch die Wählerbasis der Kongressmitglieder für seine Agenda zu mobilisieren, damit die Mehrheit der Abgeordneten und Senatoren seiner Politik folgen.

Dafür benötigt Trump wieder die „modernen“ Massenmedien: Dazu zählt insbesondere das ultra-rechte Breitbart News Netzwerk, mit dem er bereits im Wahlkampf, im sogenannten „Bodenkrieg“, die Truppen in Bewegung setzte und in ehemalige Wählerhochburgen der Demokraten eindrang.

Ausblick: Trumps „New Deal“

Vielleicht hat Trump noch einen „New Deal“ in der Hinterhand: Er hätte sogar umso bessere Karten, wenn die Republikaner bei den anstehenden Zwischenwahlen ihre Mehrheit im Abgeordnetenhaus verlören. Er könnte dann einerseits sein kostspieliges und kreditfinanziertes Infrastrukturprogramm leichter im Schulterschluss mit den weniger fiskalkonservativen Demokraten bewerkstelligen und sie andererseits auch für Misserfolge in anderen Bereichen verantwortlich machen.

Strategisch orientierte Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft sollten deshalb nicht nur auf das hierzulande erhoffte Szenario einer Blockade oder gar auf eine Amtsenthebung Trumps setzen, sondern sich darauf einstellen, dass der Präsident auch gestärkt aus den Kongresswahlen am 6. November hervorgehen könnte. Eine Neuausrichtung der transatlantischen Beziehungen wäre dann umso dringlicher.

Zur Person

Dr. Josef Braml ist USA-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) und Autor des Buches „Trumps Amerika – Auf Kosten der Freiheit“. Aktuelle Analysen veröffentlicht er auch über seinen Blog usaexperte.com.

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