Trumps Angriff auf die WHO

Im Rosengarten des Weißen Hauses knöpfte sich Donald Trump die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor. Für die USA gebe es Licht am Ende des Tunnels in der Corona-Krise, las der US-Präsident am Dienstag vom Blatt ab. Um dann auf das eigentliche Thema seiner Rede zu kommen: die angeblichen Versäumnisse der WHO und den Zahlungsstopp seiner Regierung für die internationale Organisation. Der USA-Experte Josef Braml erläutert im Interview mit Watson die wahltaktischen Hintergründe und die globalen Auswirkungen von Trumps Angriff auf die WHO. Seine Einschätzungen wurden auch von den Nachrichtenagenturen dpa und dts übernommen und weiterverbreitet.

► US-Präsident Donald Trump hält auch beim Umgang mit einer globalen Epidemie an seiner bereits im Wahlkampf bewährten nationalistischen Strategie fest: Für die mangelhafte Vorbereitung und Ausrüstung seines Landes und nicht zuletzt auch sein eigenes Versagen im Umgang mit der Corona-Pandemie hat er schnell Sündenböcke zur Hand: China und die von Peking angeblich dominierte Weltgesundheitsorganisation (WHO).

► Damit will Trump in erster Linie von seinem Versagen ablenken: Denn er ignorierte die frühzeitigen Warnungen seiner Nachrichtendienste und Berater und schmälerte die Corona-Pandemie zunächst als Witz, ja sogar als Verschwörungstheorie der Demokraten. Damit ließ er wertvolle Zeit verstreichen. Eine den Fakten angemessene und gemeinwohlorientierte Reaktion hätte wohl Tausende Menschenleben in den USA retten und den sich abzeichnenden Einbruch der US-Wirtschaft lindern können.

► Gefangen in seinem nationalistischen Narzissmus begreift Trump selbst in einer globalen Pandemie und einer sich abzeichnenden Weltwirtschaftskrise nicht den Gemeinsinn internationaler Kooperation.

► Er zerstört damit die Hoffnung, dass die Pandemie zu einer stärkeren internationalen Zusammenarbeit führen könnte. Dabei wäre wissenschaftliche Zusammenarbeit bei der Entwicklung von Impfstoffen, Diagnostika und Therapeutika überlebensnotwendig.

Dr. Josef Braml ist USA-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) und Autor des Buches „Trumps Amerika – Auf Kosten der Freiheit“. Aktuelle Analysen veröffentlicht er auch über seinen Blog usaexperte.com.