Amerika sollte wissen, „ein Krieg mit Iran ist die Mutter aller Kriege“, sagte der iranische Präsident Hassan Rohani am Sonntag an die USA gerichtet. „Mister Trump“, fügte Rohani hinzu, „spielen Sie nicht mit dem Schwanz des Löwen. Dies würde nur zu Bedauern führen.“
Sofort reagierte der US-Präsident auf die Provokation – mit einem nahezu komplett in Großbuchstaben gehaltenem Tweet: „Bedrohen Sie nie wieder die USA, oder Sie werden Konsequenzen erleben, die nur wenige in der Geschichte bisher erleben mussten.“
Am Dienstag wiederum schlug der iranische Außenminister Javad Zarif zurück. Er drohte Trump: „Wir sind unbeeindruckt. Schon vor einigen Monaten hat man noch harschere Drohungen von Ihnen gehört. (…) Seien Sie vorsichtig!“
Es ist eine rhetorische Eskalationsspirale, die zu einem Zeitpunkt kommt, an dem die US-iranischen Beziehungen ohnehin an einem Tiefpunkt sind. Seitdem Donald Trump das Atomabkommen mit der Islamischen Republik im Mai aufgekündigt hat, verschärft sich der Konflikt zwischen den beiden Ländern.
Nun drohen Sie sich offen mit Krieg. Doch wie wahrscheinlich ist es, dass es zu diesem kommt? Josef Braml, der USA-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), gab der HuffPost Antwort:
„Die USA könnten nachdem sie nun den Nukleardeal mit dem Iran aufgekündigt haben, alsbald weitere Konsequenzen folgen lassen.
► Sollten Trump und seine Sicherheitsberater, darunter Hardliner wie John Bolton, zu der Einschätzung kommen, dass der Iran Atombomben baut, werden sie schnell reagieren und Präventivschläge gegen den Iran durchführen.
► Damit wollen Trump und seine Berater nicht nur Irans Nuklearoption verhindern und Regionalmacht-Ambitionen begegnen, sondern auch China einen Strich durch seine geopolitische Rechnung machen. Militärschläge würden Instabilität fördern in einer Region, die weit weg von den USA ist. Ein Krieg würde es dem Rivalen China erschweren, dringend benötigte Rohstoffe aus dieser Region zu beziehen und weiteren Einfluss zu gewinnen.
► China wäre umso mehr auf russisches Öl und Gas angewiesen, das Russland wegen der Instabilität im Nahen und Mittleren Osten dann auch noch zu höheren Preisen verkaufen könnte.
► Deshalb würde Russland außer verbalen Protesten wenig dagegen einwenden: Weil die Machthaber in Moskau dringend auf höhere Energiepreise angewiesen sind, um Russlands von Öl- und Gasexporten abhängige Wirtschaft und damit das politische System zu stabilisieren.
► Der mit Militärschlägen verursachte Preis-Effekt würde auch von US-Schiefergas-Produzenten begrüßt, die wegen hoher Produktionskosten und drückender Finanzierungslasten bereits in ihrer Existenz bedroht sind. Merklich höhere Ölpreise würden zwar einerseits viele amerikanische Konsumenten belasten. Doch bewahren sie andererseits die heimische Energieindustrie vor Konkursen und deren unmittelbaren und gravierenden Auswirkungen auf das amerikanische Finanz- und Wirtschaftssystem.
► Der amtierende US-Präsident hat schließlich noch einen weiteren innenpolitischen Grund für ein militärisches Vorgehen: die anstehenden Kongresswahlen im November.
► Im Fall gezielter Luftschläge gegen den Iran kann er mit dem „rally around the flag“-Effekt rechnen – also damit, dass sich im Krisenfall seine Landsleute auch bei Wahlen patriotisch hinter ihrem Präsidenten und Oberbefehlshaber stellen.
► Das alternative Szenario wäre für Trump viel gefährlicher: Im Regelfall verlieren US-Präsidenten bei den ersten Zwischenwahlen. Sollten die Mehrheiten beider Kammern des Kongresses an die Demokraten gehen und Sonderermittler Mueller Belastendes gegen ihn ans Tageslicht bringen, müsste Trump mit einem Amtsenthebungsverfahren rechnen.“
Dr. Josef Braml ist USA-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) und Autor des Buches „Trumps Amerika – Auf Kosten der Freiheit“. Aktuelle Analysen veröffentlicht er auch über seinen Blog „usaexperte.com“.