US-Präsident Donald Trump will die Finanzierung seiner Grenzmauer zu Mexiko um jeden Preis haben, weil er damit in der Pflicht gegenüber seinen protektionistisch gesinnten, teilweise fremdenfeindlichen Wählern steht. Trump kann zudem einen Schwachpunkt der Demokraten ausnutzen, analysiert der USA-Experte Josef Braml in einem Gastbeitrag für die Fuldaer Zeitung.
Denn auch viele gewerkschaftsnahe Demokraten sorgen sich wegen der zusätzlichen Konkurrenz weiterer Einwanderer auf dem Arbeitsmarkt, die ihre Löhne weiter nach unten drücken könnte.
Trump sitzt auch in anderer Hinsicht am längeren Hebel: Ein Stillstand der Regierungsgeschäfte entspricht seiner langfristigen staatsfeindlichen Strategie, die von mächtigen Interessengruppen unterstützt wird, nämlich innere staatliche Strukturen zu zerstören.
Trump spielt auch öffentlich mit dem Gedanken, einen nationalen Notstand zu erklären und seine Machtbefugnisse auf Kosten der Abgeordneten und Senatoren zu erweitern. Damit würde er auch bei der Haushaltsbewilligung eine Verfassungskrise riskieren – einen Showdown zwischen dem Kongress, der gesetzgeberischen Gewalt und ihm, der ausführenden, exekutiven Gewalt.
Diese Auseinandersetzung könnte dann wohl nur von der dritten Gewalt im Staate, der Judikative, entschieden werden. Es sei daran erinnert, dass Trump bereits zwei Richter an das Oberste Gericht nominiert hat, die in vielen Fragen, insbesondere wenn es um die Gewaltenkontrolle geht, auf seiner Linie liegen.
Dank der durch die Kongresswahlen gestärkten republikanischen Senatsmehrheit kann Trump in der zweiten Hälfte seiner Amtszeit weiter ungehindert Richter auf Lebenszeit einsetzen: Damit wird er auch über die Judikative Amerika weit über seine vier- oder achtjährige Amtszeit hinaus radikal verändern.
Vor allem im entscheidenden Obersten Gericht werden – nach den bereits von Trump ernannten Richtern Neil Gorsuch und Brett Kavanaugh – weitere regulierungsfeindliche Richter folgen, um die konservative Mehrheit im neun-köpfigen Gremium über Jahrzehnte zu festigen. Trumps Deregulierungskurs wird von finanzkräftigen Interessengruppen massiv unterstützt und könnte auch den Ausschlag für seine Wiederwahl geben.
Die Demokraten können mit ihrer neu gewonnenen Mehrheit in der zweiten Kongresskammer, namentlich im Abgeordnetenhaus, zwar einige Vorhaben Trumps, wie den Bau einer umfangreichen Grenzmauer zu Mexiko etwas bremsen, aber nicht aufhalten.
Andererseits kann Trump auf ihre Unterstützung hoffen, um sein kostspieliges Infrastrukturprogramm zu finanzieren. Wenn es um Ausgaben geht, die den Wählern ihrer Wahlkreise und Einzelstaaten zugutekommen, sind gewerkschaftsnahe Demokraten durchaus bereit, mit dem Präsidenten zu stimmen. Es ist möglich, dass Trump einen „New Deal“ mit dem selbsternannten Sozialisten und Arbeiterführer Bernie Sanders bewerkstelligt.
So lautstark Sanders Trump auch ansonsten kritisiert: Die beiden Freihandelskritiker sind sich darin einig, dass es zu allererst darum geht, amerikanische Arbeiter wieder in Lohn und Brot zu bringen: „America First“ – koste es, was es wolle. Der wirtschaftsnationalistische und protektionistische Kurs Trumps hätte somit umso breitere Unterstützung.
US-Präsident Trump droht weiterhin mit Strafzöllen und anderen protektionistischen Maßnahmen und muss diese – für den Fall, dass sich die Handelspartner in Europa oder China nicht erpressen lassen – am Ende wahrmachen, um bei diesem Kernthema gegenüber seinen Wählern glaubwürdig zu bleiben. Er wird deshalb auch weiter Druck auf europäische Regierungen und Unternehmen, insbesondere auf den Exportweltmeister Deutschland, ausüben. „Europe United“ ist das Gebot der Stunde, um auf „America First“ zu reagieren.
Dr. Josef Braml ist USA-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) und Autor des Buches „Trumps Amerika – Auf Kosten der Freiheit“. Aktuelle Analysen veröffentlicht er auch über seinen Blog usaexperte.com.