„Wirtschaft wird als Waffe eingesetzt“

Der Amerika-Experte Josef Braml erkennt im derzeitigen Ukrainekrieg wesentlich mehr als nur einen militärischen Konflikt. Tatsächlich gehe es um eine Auseinandersetzung konkurrierender Volkswirtschaften mit unterschiedlichen ökonomischen Systemen – China und die Vereinigten Staaten an vorderster Front. Wenn Europa seine Chance jetzt nicht nutze, werde es als Kollateralschaden in die Geschichte eingehen, erläutert der USA-Experte Josef Braml im Cicero-Podcast-Gespräch mit Alexander Marguier.

Derzeit befinde sich Europa – und damit natürlich auch Deutschland – in einer multiplen Krise mit mehreren Fronten. Braml spricht ausdrücklich nicht nur von einer Bedrohung durch Russland und durch China, sondern auch von einer möglichen künftigen Bedrohung durch Amerika. Und wenn die Europäer jetzt nicht adäquat reagieren würden, „dann werden wir als Kollateralschaden der Geschichte eingehen“. Die Grundvoraussetzung für alles andere bestehe darin, den Euro als eine Weltleitwährung zu etablieren, um dem Dollar Konkurrenz zu machen.

Auch der aktuelle Krieg in der Ukraine finde unter völlig veränderten Bedingungen statt, „in einer neuen Welt, in einer Welt der Geo-Ökonomie“. Das russische Regime, so Bramls Einschätzung, „macht noch das, was es kann mit seinen alten Methoden“. Stärkere Staaten wie Amerika und China hingegen würden Wirtschaft ganz konsequent als Waffe nutzen. Der Freihandel stehe nicht mehr an oberster Stelle, sondern Ökonomie sei das Mittel zum geostrategischen Zweck: „Wirtschaft wird als Waffe eingesetzt, der Dollar wird als Waffe eingesetzt. Das verstehen die Amerikaner. Auch die Chinesen wissen, wie Merkantilismus geht.“ Und in dieser Hinsicht habe Europa „noch ein bisschen Nachholbedarf“. Besser gesagt: ziemlich viel.

Zum Gespräch des USA-Experten Josef Braml mit Alexander Marguier