In einem Gastbeitrag für die Fuldaer Zeitung erläutert Dr. Josef Braml, Leiter des Amerika-Programms der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) und Autor des Blogs „usaexperte.com“, dass nicht nur die Parteitage der Demokraten und der Republikaner gezeigt haben, dass China zu einem zentralen Thema des US-Präsidentschaftswahlkampfs geworden ist. Auch für die Zeit nach den US-Wahlen sollten deutsche und europäische Entscheidungsträger mit einem härteren Vorgehen der USA gegenüber China rechnen, das auch Europas Wirtschaft und Außenpolitik massiv beeinträchtigen wird.
US-Präsident Donald Trumps Unbeholfenheit als Corona-Krisenmanager und die damit verschlechterten Aussichten für die wirtschaftliche Entwicklung bedrohen seine Wiederwahl. Ist doch der Amtsinhaber bisher mit guten wirtschaftlichen Daten auf Stimmenfang gegangen. Nachdem Trump anfänglich die Gefahr des Virus unterschätzte, die Warnungen seiner Nachrichtendienste, Gesundheitsbehörden und Mitarbeiter ignorierte und zunächst noch die chinesische Führung für ihren Umgang mit dem Virus lobte, bringt er jetzt China als Sündenbock in Stellung, um von seinem Versagen abzulenken.
Trump hat diese Wahlkampfstrategie aus gutem Grund gewählt: Laut der jüngsten Umfrage des Pew Research Center, die im Juni und Juli 2020 durchgeführt wurde, haben mittlerweile 73 Prozent der Wahlberechtigten in den USA eine schlechte Meinung von China, 26 Prozentpunkte mehr als 2018. Unter den Amerikanern herrscht ein weit verbreitetes Gefühl, dass China für den Ausbruch und auch die Ausbreitung des Corona-Virus in den USA verantwortlich ist.
Es sind vor allem, aber nicht nur, die Republikaner (66 Prozent), die denn auch eine härtere Politik gegen China fordern. Wenn es jedoch um Ansichten zu den wirtschaftlichen Beziehungen zu China geht, sind es vielmehr die Demokraten als die Republikaner, die sie als unvorteilhaft bezeichnen (73 versus 63 Prozent).
Es kommt nicht von ungefähr, dass sowohl Trump als auch sein demokratischer HerausfordererJoe Biden China zu einem zentralen Wahlkampfthema gemacht haben. Die beiden Kontrahenten versuchen sich mit ihrer China-Kritik gegenseitig zu überbieten. In diesem „China Bashing“-Wettbewerb hat Trump einen institutionellen Vorteil – er ist Präsident und Oberbefehlshaber und kann mit seinem Vorgehen gegen China die Agenda bestimmen und die Diskurshoheit einnehmen.
Die Rhetorik der Trump-Administration lässt noch mehr Konfrontation erwarten. In einer Reihe von vier Reden, die an den Kalten Krieg erinnern, sprachen sich die Falken in Trumps Entourage dafür aus, das „blinde Engagement“ mit China aufzugeben und eine konfrontativere Haltung einzunehmen.
Um ihrer harschen Rhetorik gerecht zu werden, handelt die Trump-Administration immer kompromissloser – auch, um Freund und Feind ihre Entschlossenheit zu zeigen. Wer nicht für uns ist, ist gegen uns, lautet die neue Ansage an die Alliierten.
Deutschland, dessen wirtschaftliche Interessen mit der Volksrepublik China besonders umfangreich sind, wird ebenso wie zuvor schon Großbritannien Farbe bekennen müssen. Nicht zuletzt aufgrund des massiven Drucks der USA, ist mittlerweile auch in der deutschen Debatte klarer geworden, dass die Entscheidung für oder gegen den chinesischen Anbieter Huawei nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine sicherheitspolitische Zukunftsfrage ist. Die US-Regierung drohte offen damit, Deutschland keine Geheimdienstinformationen mehr zu geben und deutsche Firmen, die mit Huawei weiterhin Geschäfte machen, zu sanktionieren. Diese Haltung würde sich auch bei einer Biden Regierung nicht wesentlich ändern.
Dr. Josef Braml leitet das Amerika-Programm bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) und ist Autor des soeben neu aufgelegten Buches „Trumps Amerika – Auf Kosten der Freiheit“. Aktuelle Analysen veröffentlicht er auch auf seinem Blog „usaexperte.com“.