US-Interessen in Venezuela

Venezuela ist Austragungsort eines größeren geo-ökonomischen Machtspiels. In Venezuela geht es auch um die Rivalität zwischen den USA und China, analysiert der USA-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) Dr. Josef Braml in seinem Gastbeitrag für den Weser Kurier.

Autoritäre Regime wie Venezuela müssen zweierlei befürchten: zum einen, dass sie die Gunst der Bevölkerung verlieren, zum anderen, dass es ihnen nicht mehr gelingt, mächtige Eliten zu kooptieren. Während 80 Prozent der Bevölkerung Venezuelas bereits Oppositionsführer Juan Guaidó unterstützen, kann sich Präsident Nicolás Maduro noch auf die Militärs stützen.

Genau dort setzen die USA an: Um die Loyalität der Militärs zu untergraben, arbeitet die US-Regierung mit Zuckerbrot und Peitsche: Während einerseits US-Präsident Donald Trumps Nationaler Sicherheitsberater John Bolton und US-Außenminister Mike Pompeo unverhohlen mit einem Militäreinsatz drohen, wird andererseits Militärangehörigen eine Amnestie angeboten, wenn sie die Seiten wechseln.

Als wichtigster Handelspartner Venezuelas können die USA auch wirtschaftliche Hebel ansetzen, indem sie etwa die Einnahmen aus Erdölexporten in die USA einfrieren und damit umso mehr Druck auf das Militär, die eigentlichen Nutznießer der Petro-Dollars, ausüben.

Solange die USA durch den Fracking-Boom noch ihre eigenen Öl- und Gas-Reserven nutzen können, sind sie nicht mehr wie früher auf Importe aus Venezuela angewiesen. Doch auf mittlere und längere Sicht, wenn die Bodenschätze in den USA immer schwieriger zu erschließen sein werden, dürften die enormen und günstiger zu fördernden Erdölvorkommen Venezuelas für die USA wieder interessanter werden.

China, der geo-ökonomische Rivale der USA, versucht ebenso seinen wachsenden Energiehunger im Hinterhof, der „Hemisphäre“ der USA zu stillen. Sein vitales Interesse lässt sich auch durch die etwa 60 Milliarden Dollar bemessen, die Venezuela Peking schuldet. Den USA ist nicht verborgen geblieben, dass China auch mit Krediten weltweit Länder in Abhängigkeit bringt, um Ressourcen zu nutzen und Einfluss auf sie auszuüben.

Venezuela ist Austragungsort eines größeren Machtspiels geworden – zwischen der aufstrebenden Macht China und den USA. So hatte bereits im Februar 2018 der damalige US-Außenminister Rex Tillerson die Monroe-Doktrin bemüht, gemäß der schon im 19. Jahrhundert Fremde, namentlich Europas Kolonialmächte, vom amerikanischen Kontinent abgehalten wurden. Bereits in der Nationalen Sicherheitsstrategie vom Dezember 2017 wurde Chinas Präsenz in Lateinamerika als nationale Sicherheitsbedrohung der USA eingestuft, die die Weltmacht notfalls mit allen Mitteln, auch militärisch, bekämpfen wird.

Dr. Josef Braml ist USA-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) und Autor des Buches „Trumps Amerika – Auf Kosten der Freiheit“. Aktuelle Analysen veröffentlicht er auch über seinen Blog usaexperte.com.