Trump mauert und riskiert Verfassungskrise

Das größte Versprechen von US-Präsident Donald Trump an seine Wähler war und ist seine Mauer. Und zuletzt sah es so aus, als könnte er dieses Versprechen nicht halten – denn das von den Demokraten dominierte Repräsentantenhaus wollte Trump nicht die dafür nötigen Gelder geben.

Am Donnerstagabend überschlugen sich dann die Ereignisse: Der Streit um den US-Haushalt und den Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko könnten zur Verfassungskrise eskalieren, wenn Trump wirklich den nationalen Notstand bemüht und Sondervollmachten beansprucht, analysiert Josef Braml, USA-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) für BILD.

In der Vergangenheit drohte US-Präsident Trump mehrfach damit, die Mauer mit Sondervollmachten zu bauen. Dafür ist Trump jedes Mittel recht. Er riskiert mit der Ausrufung des nationalen Notstandes sogar eine Verfassungskrise – einen Showdown zwischen dem Kongress, der gesetzgeberischen Gewalt und ihm, der ausführenden Gewalt, der Exekutive.

Nationaler Notstand – was heißt das konkret?

▶„Was genau ein Notstand ist, wird im Gesetz nicht genau definiert. Es ist dem Präsidenten vorbehalten zu begründen, worin er den Notstand sieht. Trump könnte den Notstand etwa mit dem Drogenschmuggel von Mexiko in die USA begründen. Und wenn man sich die Drogentoten in den USA ansieht, ist das tatsächlich ein großes Problem. Ob dabei aber jetzt die Mauer hilft, ist eine andere Frage. Trump hatte zudem schon behauptet, dass unter den von Mexiko kommenden Flüchtlingen Terroristen seien“, erklärt Josef Braml, USA-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, gegenüber BILD.

▶ Was für Möglichkeiten sich dem Präsidenten durch den nationalen Notstand eröffnen, erklärt Braml wie folgt: „Der National Emergencies Act gibt dem Präsidenten die Möglichkeit, den nationalen Notstand auszurufen, ohne dass ein anderes Organ vorher zustimmen muss. Der Präsident ist lediglich dazu verpflichtet, den Kongress zu informieren, welche Sondervollmachten er in Anspruch nimmt.“

Konkret heißt das: „Dann würde Trump versuchen, die Mauer über andere Programme im Bundeshaushalt, etwa aus dem Militärhaushalt, zu finanzieren. Auf welche Sondervollmachten er sich dabei aber konkret berufen würde, bleibt abzuwarten.“

▶ Trump könnte sich bei einem Notstand auf eine Gesetzespassage berufen, die es dem Verteidigungsminister ermöglicht, den Bau „militärischer Bauprojekte“ anzuweisen. Eine andere Passage erlaubt es dem Pentagonchef, zivile Projekte der Armee zu stoppen und stattdessen Soldaten an anderen Bauvorhaben zu beteiligen, „die essenziell sind für die nationale Verteidigung“. Umstritten ist allerdings, ob das rechtlich zulässig ist.

Bekommt Trump also seine Mauer?

▶ Der Kongress könnte den Notstand beenden, wenn beide Kammern dafür stimmen würden: „Doch im Senat haben die Republikaner eine knappe Mehrheit. Und der Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, hat sich bereits geäußert, dass er Trumps Erklärung eines nationalen Notstandes mittragen würde“, sagt Braml.

▶ Braml geht davon aus, dass letztlich Gerichte entscheiden müssen: „Letzten Endes wird dann wohl die dritte Gewalt im Staate, das Oberste Gericht, zu entscheiden haben, ob der Präsident in diesem Fall mit den Sondervollmachten des nationalen Notstandes die Haushaltsbefugnis des Kongresses aushebeln darf.“

▶ Und da habe Trump in der Vergangenheit Entscheidungen getroffen, die ihm nun helfen könnten: „Dabei sollten wir nicht vergessen, dass Trump bereits zwei Richter an das Oberste Gericht nominiert hat, die in vielen Fragen, insbesondere wenn es um die Gewaltenkontrolle geht, auf seiner Linie liegen“, sagt Braml.

Warum macht Trump das alles?

Beim Rekord-Shutdown über 35 Tage konnte sich der US-Präsident letztlich nicht durchsetzen. Und der Haushalts-Kompromiss wäre für Trump alles andere als ein Erfolg. Trump will das nicht auf sich sitzen lassen.

Und: Trump will sein Hauptversprechen nicht aufgeben, will seine Wähler nicht enttäuschen. Die Mauer war eines seiner wichtigsten Themen im Wahlkampf, hatte seine Fans begeistert und immer wieder „Build the wall“-Chöre anstimmen lassen.

▶ Da verwundert es nicht, dass Trump jetzt diesen Schritt erwägt: „Mit diesem kompromisslosen Vorgehen bedient er einmal mehr den harten Kern seiner fremdenfeindlichen Wählerbasis. Bereits Trumps Haltung im Haushaltsstreit und seine Rede zur Lage der Nation zeigten, dass er im Wiederwahlkampfmodus ist. Um seine protektionistisch gesinnten, teilweise fremdenfeindlichen Kernwähler zu bedienen, spaltet er die amerikanische Gesellschaft weiter“, erklärt Braml.

▶ Und obwohl die Demokraten alles tun, um Trumps Vorgehen zu verhindern, könnte der US-Präsident gerade bei deren Wählern punkten: „Mit Spalt-Themen wie Einwanderung versucht Trump, bei den nächsten Präsidentschaftswahlen noch weiter in die gewerkschaftsnahe Wählerschaft der Demokraten einzudringen, die sich wegen der möglichen Konkurrenz von Einwanderern um ihre Arbeitsplätze und Löhne sorgt“, sagt Braml.

Fazit: Donald Trump wird alles tun, um sein Versprechen zu halten. Er weiß, dass seine Wähler und Unterstützer die Mauer erwarten, und denkt an seine Wiederwahl. Doch die Demokraten werden alle rechtlichen Wege gehen, um Trump zu stoppen. Letztlich werden – mal wieder – Gerichte über eine Entscheidung Trumps urteilen müssen.

Dr. Josef Braml ist USA-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) und Autor des Buches „Trumps Amerika – Auf Kosten der Freiheit“. Aktuelle Analysen veröffentlicht er auch über seinen Blog usaexperte.com.