US-Kongresswahlen – Beschneidung von Trumps Machtfülle?

Noch 50 Tage bis zu den amerikanischen Zwischenwahlen: Am 6. November werden das Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats neu besetzt. Dieses Jahr geht es bei den „Midterms“ noch mehr als sowieso üblich um die Arbeit und die Person von US-Präsident Donald Trump.

Wie werden die Amerikaner sich entscheiden? Werden sie Trump und seine Partei abstrafen, den Präsidenten also entmachten? Oder wird es den Republikanern gelingen, sich gegen die Prognosen zu behaupten und am Ende doch die Nase vorn zu haben?

BILD-Redakteur Simon Schütz fragte Josef Braml, den USA-Experten der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), ob Trumps Macht bald erheblich eingeschränkt werden könnte.

▶︎ Braml: „Legt man ein historisch etabliertes Muster zugrunde, dann verliert in der Regel die Partei des Präsidenten bei den ersten Zwischenwahlen Sitze im Kongress – umso mehr, je geringer die Zustimmungsrate für den Präsidenten ist. Aktuell sieht es auch so aus, als ob die Republikaner das Abgeordnetenhaus verlieren, aber ihre Senatsmehrheit verteidigen werden.“

Doch was würde das konkret für den US-Präsidenten bedeuten?

▶︎ Braml: „Präsident Trump hätte demnach größere Schwierigkeiten, seine Wahlversprechen einzulösen, etwa eine umfangreichere Grenzmauer zu Mexiko zu bauen, zumal sie auch mit US-Steuergeldern finanziert, also von beiden Kammern des Kongresses bewilligt werden müsste.

▶︎ Hingegen dürfte es für Trump einfacher werden, die nötige Unterstützung der Demokraten für die Finanzierung seines Infrastrukturprogramms zu gewinnen. Zumal die Republikaner bei zusätzlichen Ausgaben gern die prekäre Staatshaushaltslage ins Feld führen – Probleme, die jedoch ignoriert wurden, als durch die jüngsten Steuererleichterungen der Schuldenberg um weitere Billionen Dollar erhöht wurde.“

Kommt dann ein Amtsenthebungsverfahren?

▶︎ „Falls die Sonderermittlungen in der Russland-Causa auch ihn persönlich belasten sollten, könnte eine neue demokratische Mehrheit im Abgeordnetenhaus zwar ein Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Trump einläuten. Aber mangels einer Mehrheit in der dafür entscheidenden Senatskammer würde das Impeachment, wie seinerzeit schon gegen Bill Clinton, abgewendet werden können“, erklärt Braml.

▶︎ Wichtig sei: „Die Demokraten wären gut beraten, nicht schon im Vorfeld der Wahlen damit zu drohen, Trump seines Amtes entheben zu wollen, wenn sie die Kongresswahlen gewinnen sollten. Denn das hilft nur dem politischen Gegner, seine Wählerbasis zu motivieren und die Wahlbeteiligung zu erhöhen. Steve Bannon, dem ehemaligen Chefstrategen Donald Trumps, ist es ohnehin schon gelungen, eine Gruppe anonymer Spender zu mobilisieren, um das Schlimmste (Anm. d. Red.: der Verlust beider Kammern) zu verhindern.“

▶︎ Eine Niederlage bei den Zwischenwahlen für Trumps Partei bedeutet nicht unbedingt das Ende seiner Präsidentschaft – aber schwieriger würde es für ihn sicherlich: „Auch wenn es nicht so weit kommen sollte, würde der Präsident zumindest dabei gebremst, etwa durch parlamentarische Kontrolle seiner (Außen-) Politik und nicht zuletzt bei der Besetzung von Richtern auf Lebenszeit die Weltmacht Amerika weit über seine Amtszeit hinaus radikal zu verändern“, analysiert Braml.

Dr. Josef Braml ist USA-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) und Autor des Buches „Trumps Amerika – Auf Kosten der Freiheit“. Aktuelle Analysen veröffentlicht er auch über seinen Blog usaexperte.com.