Der USA-Experte Josef Braml von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) erklärt im Interview mit dem Südkurier, warum der US-Präsident sich in der Wirtschaftspolitik sowohl mit Europa als auch mit China anlegt.
Herr Braml, die EU verlangt 10 Prozent an Zoll auf Auto-Exporte aus den USA, die USA aber nur 2,5 Prozent für europäische Autos. Hat Trump nicht recht, wenn er den Status quo der Handelsbeziehungen infrage stellt?
In einigen Bereichen sind die EU-Zölle höher, in anderen die der USA. Das große Ganze wurde zwischen der EU und den USA ausgehandelt und da nimmt man das eine und gibt das andere. Deshalb ist es wenig aussagekräftig, Zölle für einzelne Produkte gegenüberzustellen.
Wem würde ein Handelskrieg mehr schaden, den USA oder der EU?
Beim Handelskrieg würden wir am kürzeren Hebel sitzen, weil Europa exportabhängiger ist als die USA. Insofern hat Trump ein Erpressungspotenzial.
Was ist das strategische Ziel von Donald Trump?
Trump will die gegenwärtige liberale Weltordnung, die übrigens von den USA geschaffen wurde, zerstören. Schiedsrichter wie die Welthandelsorganisation WTO sind für ihn ein Auslaufmodell. Auch die Nato und die Vereinten Nationen stellt er infrage. Zudem will er das Nuklearabkommen mit dem Iran kündigen.
Stattdessen setzt er lieber auf das Recht des Stärkeren. Wer die größere Militärmacht hat, hat das Sagen. Das ist das Weltbild von Trump. Ebenso wie sein Vorgänger Obama, sieht er Europa als Trittbrettfahrer, der davon profitiert, dass die USA Sicherheit und eine stabile Leitwährung zur Verfügung stellen. Aus Sicht Trumps wurde die EU geschaffen, um den USA zu schaden.
Müssen wir also unsere Militärausgaben erhöhen?
Ja, die Zeiten, in denen sich Europa auf die Schutzmacht USA verlassen konnte, sind vorbei. Deshalb müssen wir Geld in die Hand nehmen, um uns selber schützen zu können.
Wie viel Rückhalt hat Trump in der eigenen Bevölkerung für seine Wirtschaftspolitik?
Trump ist nicht vom Himmel gefallen, sondern ein Symptom tief gehender gesellschaftlicher und politischer Veränderungen des Landes. Beim Handelsstreit hat er auch globalisierungskritische Demokraten hinter sich. Selbst ein linksliberaler Politiker wie Bernie Sanders ist ja dem Freihandel und der Globalisierung gegenüber kritisch eingestellt.
Warum richten sich Trumps Strafzölle vor allem gegen China?
Der Konflikt zwischen den USA und China wird sich immer mehr zuspitzen. Trump sieht China als wirtschaftliche und perspektivisch auch als militärische Bedrohung. Sein Ziel ist es, diese Bedrohung einzudämmen, solange die USA das noch können.
Hat die Welthandelsorganisation WTO überhaupt noch eine Zukunft?
Im schlimmsten Fall könnte US-Präsident Trump von vorneherein Amerikas WTO-Austritt und die Welthandelsorganisation für irrelevant erklären. Ohnehin ist fraglich, ob die WTO überhaupt Streitigkeiten über Handelsmaßnahmen schlichten kann, die mit nationaler Sicherheit begründet werden. Dem Beispiel der USA folgend, könnten andere Länder ihrerseits Zölle im Namen ihrer nationalen Sicherheit erheben. Das wäre schnell das Ende einer durch die WTO geregelten internationalen Handelsordnung.
Wie viel Gefahr steckt in der unausgeglichenen Handelsbilanz zwischen den USA und ihren Handelspartnern wie Europa und China?
Diese makroökonomischen Ungleichgewichte bergen eine Gefahr. Die Chinesen verkaufen den Amerikanern ihre Produkte und verleihen das Geld, das sie dafür bekommen, wiederum den Amerikanern. Auch das hat zur Immobilienblase in den USA geführt. Die amerikanischen Bürger und der amerikanische Staat leben über ihre Verhältnisse.
Es sind vor allem auch Defizitländer wie die USA, die durch ihr riskantes Finanzgebaren makroökonomische Ungleichgewichte befördern: 2007/2008 haben sie damit die Weltwirtschaft kurz vor den Kollaps und auch viele deutsche Anleger um ihre Vermögen gebracht. Es bleibt nicht mehr viel Zeit, um zu verhindern, dass die erneut anschwellenden makroökonomischen Ungleichgewichte wieder durch einen größeren Schock korrigiert werden.
Ist das Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA endgültig tot oder gibt es noch Hoffnung, es nach Trumps Amtszeit umzusetzen?
Ja, TTIP war schon zur Amtszeit von Barack Obama tot. Das wollten viele nur nicht wahrhaben.
Die Fragen stellte Thomas Domjahn.
Dr. Josef Braml ist USA-Experte bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) und Autor des Buches „Trumps Amerika – Auf Kosten der Freiheit“. Aktuelle Analysen veröffentlicht er auch in seinem Blog usaexperte.com.
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