20 Jahre Guantánamo: Kein Ende in Sicht

Vor dem Hintergrund des andauernden „Globalen Krieges gegen den Terrorismus“ und des amerikanischen Rechtsverständnisses erläutert USA-Experte Josef Braml in einem Interview mit dem Nachrichten-Portal web.de, warum die USA weiterhin „unrechtmäßige Kämpfer“ auf Guantánamo im rechtsfreien Raum inhaftieren. Bis heute, also auch unter Joe Bidens Oberbefehl, wird mutmaßlichen Terroristen durch Drohnenangriffe mit gezielten Tötungen kurzer Prozess gemacht, bei denen auch unschuldige Zivilisten ihr Leben verlieren.

Im „Globalen Krieg gegen den Terrorismus“ setzten US-Präsident George W. Bush und seine Exekutive militärische und juristische Mittel ein, um zunächst mit der von den westlichen Alliierten unterstützten „Operation Enduring Freedom“ die in Afghanistan vermuteten Al-Kaida-Drahtzieher der Anschläge und ihre Taliban-Unterstützer zu bekämpfen. Dem späteren, im Frühjahr 2003 erklärten völkerrechtswidrigen Präventivkrieg gegen den Irak entsprach eine analoge Umdeutung des Rechts im Inneren. Juristische Mittel galten fortan nicht mehr nur der Strafverfolgung, sondern als Waffen, als weitere „Pfeile im Köcher“ der Exekutive, um möglichen künftigen Attentaten vorzubeugen.

Die vermeintlichen Sicherheitsvorkehrungen der USA umfassten ein breites Spektrum. Sie reichten von rechtsstaatlich und strafrechtlich begründeten Maßnahmen bis hin zur völkerrechtswidrigen Entführung von Terrorverdächtigen, die von den USA ohne Gerichtsverfahren in Geheimgefängnissen befreundeter autokratischer Länder inhaftiert wurden. Dort kamen noch viel härtere Foltermethoden, sogenannte „enhanced interrogations“, in Anwendung als das von US-Sicherheitsbehörden selbst praktizierte „waterboarding“, die Foltermethode des simulierten Ertränkens.

Auf dem von den USA kontrollierten Stützpunkt Guantánamo Bay auf Kuba wurde sogar eine rechtsfreie Zone geschaffen; die dort inhaftierten sogenannten unrechtmäßigen Kämpfer („unlawful combatants“) galten als vogelfrei.

Internationale Kritik und vor allem das Oberste Gericht der USA sorgten zwar dafür, dass 2005 mit dem „Detainee Treatment Act“ zumindest die Praxis der Folter von Personen, die unter Gewahrsam oder Kontrolle der US-Regierung stehen, gestoppt wurde.

Hingegen hinderte der Kongress den späteren US-Präsidenten Barack Obama daran, das für die ehemalige Vorbilddemokratie ebenso beschämende Gefangenenlager auf Guantánamo aufzulösen und die Inhaftierten in den geordneten zivilen oder militärischen Strafvollzug in den USA zu überführen.

Gleichwohl wurden auch unter Obamas Oberbefehl vielen Terrorverdächtigen durch Drohnenangriffe mit gezielten Tötungen kurzer Prozess gemacht. Bis heute – also auch unter US Präsident Joe Bidens Oberbefehl – werden dabei auch viele unschuldige Zivilisten als sogenannte Kollateralschäden in Kauf genommen.

Dr. Josef Braml ist USA-Experte und Autor des Blogs „usaexperte.com“.