Nach den Anschlägen in Kabul: USA-Experte rechnet mit Vergeltungsschlägen Washingtons

Nach den Anschlägen in Kabul rechnet USA-Experte Josef Braml mit US-Drohnenschlägen gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS). „Um vor allem auch gegenüber seinen Landsleuten wieder mehr Handlungsfähigkeit zu demonstrieren, wird Biden den globalen Krieg gegen den Terrorismus mit Drohnen fortführen“, sagte USA-Experte Braml dem Nachrichtenportal Watson.

US-Präsident Joe Biden trägt die volle politische Verantwortung für die dramatischen Folgen des unbedachten Abzuges der USA aus Afghanistan.

► Während in außenpolitischer Hinsicht die damit verursachten Sicherheitsrisiken für die Menschen vor Ort und in Europa weit weg von Amerika sind und „nur“ die Glaubwürdigkeit der Weltmacht USA beschädigen, werden die gefallenen US-Soldaten Biden innenpolitisch umso mehr in die Bredouille bringen.

► Um vor allem auch gegenüber seinen Landsleuten wieder mehr Handlungsfähigkeit zu demonstrieren, wird Biden den Globalen Krieg gegen den Terrorismus mit Drohnen fortführen. Ferngesteuerte unbemannte Flugsysteme können zur Aufklärung und Überwachung eingesetzt werden. Mit Raketen bestückt können diese Drohnen bei Bedarf auch für gezielte Tötungen eingesetzt werden. Drohnen haben den Vorteil für die Weltmacht, dass sie weniger kosten, auch politisch, weil weniger Gefahr für die eigenen „Soldaten“ besteht.

► Die USA werden sich künftig noch weniger um zerfallende Staaten wie Afghanistan und die davon ausgehenden Sicherheitsbedrohungen für Europa interessieren, sondern wieder mehr auf starke Staaten wie China fokussieren. Biden begründete seinen Abzug aus Afghanistan damit, die zunehmend knapper werdenden Ressourcen in der Region Asien-Pazifik zu bündeln, um dort der aufsteigenden Macht China zu begegnen, das in Ostasien Amerikas Hegemonie herausfordert.

► Der Fokus auf starke Staaten blendet prekäre oder zerfallende Staaten wie Afghanistan aus, die zwischenzeitlich, nach den Anschlägen vom 11. September 2001, als die größten Gefahrenherde galten, weil sie Operationsräume für terroristische Aktivitäten ermöglichten. Gleichwohl bleibt nach dem Abzug aus Afghanistan vor allem für Europa die Sorge begründet, dass das sich entfaltende Chaos wieder mehr Raum für Terroristen schaffen sowie eine große humanitäre Katastrophe mit neuen Flüchtlingsströmen nach Europa auslösen könnte.

► Die nächste Bundesregierung wird neue Strukturen schaffen müssen, etwa einen Nationalen Sicherheitsrat, um Deutschlands Außen- und Sicherheitspolitik besser als bisher koordinieren zu können.

Dr. Josef Braml ist USA-Experte an der Universität Bonn und Autor des Blog „usaexperte.com“.