Eklat bei G7-Gipfel

USA-Experte: „Für Trump ist Diplomatie Zeitverschwendung!“

US-Präsident Donald Trump hat nach dem Ende des Gipfeltreffens für einen Eklat gesorgt und über Twitter mitgeteilt, die USA zögen ihre Zustimmung zum bereits verbreiteten gemeinsamen Abschlusskommuniqué zurück. Mit einem einzigen Tweet hat Trump selbst den kleinsten Minimal-Konsens der G7 zunichte gemacht! Ein beispielloser Eklat, mit dem Trump den Gipfel der Wirtschaftsmächte in seiner über 40-jährigen Geschichte in die Bedeutungslosigkeit versenkt hat.

Was steckt hinter Trumps Wut-Attacke? BILD hat mit dem USA-Experten Dr. Josef Braml über die Beweggründe hinter Trumps Wutausbruch gesprochen.

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hat das Verhalten von Trump scharf kritisiert: „Mit einem Tweet kann unheimlich viel Vertrauen sehr schnell zerstört werden“, schrieb Maas auf Twitter. „Umso wichtiger ist es, dass Europa zusammen steht und seine Interessen noch offensiver vertritt“, so der deutsche Außenminister.

Aber was steckt hinter Trumps Wut-Attacke?

Trump selbst begründet seinen überraschenden Rückzug mit dem Verhalten des Kanada-Premiers. Doch ist das der wirkliche Grund? BILD hat mit dem USA-Experten über die Beweggründe hinter Trumps Wutausbruch gesprochen.

„Trumps Außenpolitik ist bestimmt von seinem knallharten realistischen Weltbild“, so Dr. Josef Braml, USA-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik zu BILD.

„Trump und seine Sicherheits- und Wirtschaftsberater leben in einer Welt, in der Unternehmen gegen Unternehmen und Staaten gegen Staaten kämpfen. Er will gewinnen – auf Kosten aller anderen.“

Dabei sind Gipfel-Veranstaltungen wie die der G7 für Trump nahezu bedeutungslos.

„Für Trump ist Diplomatie Zeitverschwendung. Die amtierende Regierung ist dabei, die regelbasierte Weltordnung zu zerstören. Ohne ’Rule of Law’ gilt das Recht des militärisch Stärkeren“, verdeutlicht der USA-Experte.

Sind G7-Gipfel jetzt sinnlos?

Aber lässt sich mit so einem US-Präsidenten überhaupt noch zusammenarbeiten? Oder sind die G7 jetzt gescheitert?

Für Außenpolitik-Experten Braml ist die Zeit der G7 abgelaufen: „Die G7 ist ohnehin mehr Folklore als Politik, sie ist etwas aus der Zeit gefallen. Der Club bildet eine Welt ab, die es heute nicht mehr gibt.“

„Trump ist dabei, die liberale Weltordnung einzureißen und will damit China und Europa schaden, die er als Rivalen betrachtet“, so das ernüchternde Fazit von Braml.

Was bedeutet das für Deutschland?

„Die Europäer müssen aufpassen, dass sie von Trump nicht auseinanderdividiert werden“ erklärt Braml und appelliert an die deutsche Regierung, endlich zu handeln.

„Deutschlands Zauderer müssen den Ernst der Lage begreifen und Macrons Pläne unterstützen, um aus der EU auch eine politische und militärisch handlungsfähige Union zu machen. Nur ein politisch und militärisch starkes Europa wird von den USA und anderen Großmächten wie China und Russland ernst genommen und kann die Interessen seiner Bürger verteidigen.“

Merkel hat schon in ihrer inzwischen berühmten Bierzelt-Rede im Wahlkampf 2017 gesagt: „Die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, die sind ein Stück vorbei […] Und deshalb kann ich nur sagen: Wir Europäer müssen unser Schicksal wirklich in unsere eigene Hand nehmen.“

Damit hat Merkel die Situation passend analysiert. Aber danach kam nichts mehr – kein entsprechendes Handeln, keine Ideen, kein Zeichen dafür, jetzt wirklich mehr Verantwortung und mehr Führung zu übernehmen.

Es wird höchste Zeit, zu liefern…

Dr. Josef Braml ist USA-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) und Autor des Buches „Trumps Amerika – Auf Kosten der Freiheit“. Aktuelle Analysen veröffentlicht er auch über seinen Blog „usaexperte.com“.