Trumps Rede zur Lage der Nation

USA-Experte zu Trump-Rede:

„Eher ein Spaltpilz, der die Einheit bedroht“

In seiner Rede zur Lage der Nation rühmt US-Präsident Donald Trump eines – die Einigkeit der USA. Reine Rhetorik, kritisiert Amerika-Kenner Josef Braml bei heute.de. Trump sei ein „Spaltpilz“.

heute.de: In seiner ersten Rede zur Lage der Nation hat US-Präsident Donald Trump die Bürger zur Einigkeit aufgerufen. Sie sollten wie eine große Familie am Ziel arbeiten, „ein sicheres, starkes und stolzes Amerika“ zu bauen. Wie hat die Rede auf Sie gewirkt?

Josef Braml: Das war reine Rhetorik. Schon beim genauen Hinhören, etwa beim Thema Einwanderung, hat sich gezeigt, dass Trump eher geeignet ist, ein Spaltpilz zu sein, der die Einheit bedroht.

heute.de: Trump forderte vom US-Kongress auch mehr Geld fürs Militär. Die USA haben bereits den mit Abstand größten Wehretat aller Nationen. Warum noch mehr Aufrüstung?

Braml: Amerika wähnt sich von Feinden umgeben. Neben der Aufrüstung will Trump anderseits genau prüfen, dass Gelder für die Außen- und Entwicklungspolitik nur Amerikas expliziten Freunden zugutekommen. Dieses Freund-Feind-Denken hat mich an George W. Bush erinnert. 

heute.de: Nach dem Motto: „Entweder ihr seid für uns oder gegen uns“…

Braml: … Genau. Das hat Trump daran festgemacht, dass jene, die bei der UN gegen Amerikas Entscheidung gestimmt haben, die US-Botschaft in Israel nach Jerusalem zu verlegen, den Zorn Washingtons spüren würden. Da sind Länder angezählt, die dringend auf Entwicklungshilfe angewiesen sind. Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, hatte das ja zuvor schon klargemacht, als sie sagte: „We’re taking names“. Ein bisschen wie der Aufsichtslehrer bei renitenten Schülern auf dem Schulhof.

heute.de: Haley sagte auch, dass es das US-Ziel sei, die UN „zum effektiven Werkzeug“ formen zu wollen. Was hat die US-Regierung im Sinn?

Braml: Die UN und auch die NATO werden in Washington als Instrumente gesehen, die US-amerikanischen Interessen nutzen sollen. Wenn sie das nicht tun, werden sie unter Druck gesetzt. Das war auch unter früheren US-Präsidenten so. Barack Obama war da keine Ausnahme. Im Jahr 2011 hatte er aus Verbundenheit mit Israel die Zahlungen an die UNESCO eingestellt, nachdem die in einem Mitgliederentscheid dafür stimmte, die palästinensische Autonomiebehörde als Staat „Palästina“ aufzunehmen.

heute.de: Im Oktober 2017 sind die USA sogar aus der UNESCO ausgetreten. In einer aktuellen Expertise beschreiben Sie „Trumps Angriff auf die Vereinten Nationen“. Was steckt hinter dieser Politik?

Braml: Trump steht in der US-Tradition „Wer zahlt, schafft an“. Dieses Motto wird jetzt noch intensiver durchgesetzt. Trump will eine Reform-Revolution der UN. Ich sehe ein Muster, dass die USA endgültig umschwenken zu einer Realpolitik, in der die eigenen geostrategischen Interessen mit aller Härte und militärischer Dominanz durchgesetzt werden. Wir leben jetzt wieder in einer Welt, in der das Recht des Stärkeren gilt. Das ist so, auch wenn uns in Deutschland das nicht gefallen mag.

heute.de Sie plädieren gleichzeitig dafür, dass Deutschland manche amerikanische UN-Reforminitiativen unterstützen sollte. Warum?

Braml: Naja, der Schwanz wackelt nicht mit dem Hund. Wir müssen schon auch das deutsche Gewicht sehen und sollten versuchen zu retten, was noch zu retten ist. Wenn Trump UN-Friedensmissionen auf den Prüfstand stellt, berührt das unsere Interessen. Wir könnten dafür sorgen, dass von UN-Seite mehr geleistet wird, um prekären und zerfallenden Staaten zu helfen. Es geht um unsere Sicherheit, wenn Deutschland mit dafür sorgt, Regionen zu stabilisieren, die auch durch unsinniges US-Militär-Engagement in der Vergangenheit auseinandergebrochen sind.

heute.de Trump kritisiert die UN seit längerem. Welche Reaktionen erkennen Sie bei der Organisation?

Braml: UN-Generalsekretär António Guterres hat Trump deutlich gemacht, „ergebnisorientiert“ arbeiten zu wollen, sodass das „Preis-Leistungsverhältnis“ stimme. Auch Deutschland sollte seinen Einfluss nutzen, um Trump klarzumachen, dass es unterm Strich auch kostengünstiger ist, UN-Friedenseinsätze zu unterstützen. Geboten wäre zudem eine bessere Kooperation zwischen NATO und UN. Gleichzeitig muss sich auch Deutschland in dieser Frage stärker einbringen und kann die Aufgabe nicht nur Ländern des ärmeren Südens überlassen.

Das Interview führte Marcel Burkhardt.

Josef Braml ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Programms USA/Transatlantische Beziehungen bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). Zu den Arbeitsschwerpunkten des Politologen zählen die US-amerikanischen „Weltordnungsvorstellungen“. Braml ist zudem Herausgeber des „Jahrbuchs Internationale Politik“ und Autor des Sachbuchs „Trumps Amerika – Auf Kosten der Freiheit“. Aktuelle Einschätzungen und Expertisen verarbeitet er auf seinem Blog usaexperte.com.